Kryptowährungen: Für die einen sind sie die Zukunft des globalen Finanzsystems, für die anderen Zockerei und eine Bedrohung für die Finanzstabilität. In gewisser Hinsicht haben beide Seiten recht. Gleichgültig, wo du in dieser Diskussion stehst, als Anleger solltest du Kryptowährungen verstehen, denn ihr Einfluss auf den Finanzmarkt wird in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Deshalb wollen wir dir das nötige Grundwissen über Kryptowährungen hier im CryptoStudio einfach erklärt vermitteln.
Lean Louw, zweimaliger Nobelpreis-Nominee
Vor allem in den letzten beiden Jahren haben Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum ihren Platz in vielen Investment-Portfolios von Mainstream-Anlegern gefunden. Während sie in den Anfangsjahren ein Nischenmarkt für Technologie-Begeisterte waren, werden sie heute im Finanzteil führender Zeitungen aufgeführt und regelmäßig in in der Tagesschau thematisiert.
Kryptowährungen leicht erklärt: Grundlagen und Funktionsweise
Die Art und Weise wie Menschen miteinander Handel betreiben, hat sich im Laufe der Geschichte kontinuierlich weiterentwickelt: Prähistorische Gesellschaften betrieben Tauschhandel, die Babylonier setzten Goldmünzen als Zahlungsmittel ein und moderne Gesellschaften verwenden sogenannte Fiatwährungen, also von Zentralbanken ausgegebene Währungen wie der Euro oder der US-Dollar. Handel basierte also immer auf physischen Gegenständen oder auf Zahlungsmitteln, die entweder durch realwirtschaftliche Vermögenswerte oder durch die Macht von Institutionen gedeckt waren.
Bislang war der Geldverkehr hauptsächlich aus einem einzigen Grund auf Institutionen wie Banken und Zentralbanken angewiesen: Digitale Daten können im Gegensatz zu physischen Dokumenten relativ einfach kopiert, gelöscht oder geändert werden. Deshalb brauchten wir für den digitalen Werttausch vertrauenswürdige Intermediäre, zum Beispiel Banken, und eine staatliche Aufsicht, die diese Intermediäre überwacht. Wer beispielsweise Geld von einem Bankkonto auf ein anderes überträgt, der “sendet” nicht wirklich Geld im Sinne von Banknoten. Stattdessen reduziert die Bank des Senders den digitalen Kontostand des Senders und die Bank des Empfängers erhöht den digitalen Kontostand des Empfängers. Dabei wird kein physischer Wert ausgetauscht und deshalb braucht es vertrauenswürdige Banken und eine staatliche Kontrollinstanz.
Das ändert sich mit Kryptowährungen. Sie sind eine neue Form des Werttausches, die auf Kryptographie und Technologie basiert. Anders als zum Beispiel Gold repräsentieren sie (meist) keinen realen Wert und anders als Fiatwährungen werden sie nicht von einer zentralen Entität wie einer Zentralbank ausgegeben. Stattdessen basieren sie auf der dezentralen Blockchain-Technologie.
Die Anfänge der Blockchain reichen bis in die 1970er Jahre zurück, als zum ersten Mal mit asymmetrischer Kryptographie experimentiert wurde. Der Grundgedanke dabei war, eine dezentrale Datenbank zu erschaffen, die durch kryptographische Verschlüsselung manipulationssichere digitale Einträge ermöglicht. Somit sollte das oben beschriebene Problem der Digitalisierung gelöst werden: Die Blockchain generiert aus digitalen Daten (zum Beispiel Kontostände) fälschungssichere Originale, und vertrauenswürdige Intermediäre wie Banken braucht es zumindest für den Geldverkehr dann nicht mehr.
Eric Schmidt, ehemaliger CEO von Google
Kryptowährungen: Wie funktioniert das?
Wenn du zum Beispiel die Kryptowährung Bitcoin von einem Wallet auf ein anderes überträgst, wird eine Transaktion auf der Bitcoin Blockchain erstellt, welche von einem dezentralen Computersystem automatisiert validiert wird. An die Stelle von Banken, Zentralbanken und staatlichen Aufsichtsbehörden tritt somit ein technologisches Netzwerk, dass ohne menschliches Einwirken und durch kryptographische Verschlüsselung einen sicheren Wertaustausch ermöglicht. Diese neue Form des dezentralen digitalen Werttausches basierend auf Technologie, ist die eigentliche Innovation der Kryptowährungen. Es findet ein Paradigmenwechsel statt: An die Stelle von zentralisierten Unternehmen und Institutionen rücken technologische Protokolle wie Bitcoin, die keinen Geschäftsführer haben, keine Gewinne erwirtschaften und keine Aufsicht benötigen.
Diese dezentralisierten Protokolle können auch direkt miteinander kommunizieren und Werte austauschen, wodurch Zahlungsströme komplett automatisiert werden. Durch die Verschlankung von Wertschöpfungsketten und die zunehmende Automatisierung des Geldverkehrs werden viele Prozesse günstiger, schneller und sicherer. Kryptowährungen sind somit nicht nur die Zukunft des Geldverkehrs zwischen Menschen, sondern ermöglichen auch automatisierte Transaktionen von Maschine zu Maschine.
Warum Kryptowährungen? Wandel zur digitalen Gesellschaft
Der Trend geht eindeutig hin zu einer digitalen Gesellschaft. Digitale Prozesse sind effizienter, schneller und kostengünstiger. Während die letzte Industrialisierungswelle hauptsächlich durch das Internet geprägt war, wird die nächste Industrielle Revolution auf den sogenannten Industrie 4.0 Technologien aufbauen, dazu gehört unter anderem die Blockchain-Technologie. Eine zentrale Herausforderung der digitalen Gesellschaft ist der digitale Wertaustausch. Dazu gehört nicht nur die Digitalisierung des Geldsystems, sondern auch Eigentumsrechte, beispielsweise an Unternehmen oder Immobilien, müssen in Zukunft digital abgebildet werden. Die Blockchain Technologie liefert den bislang vielversprechendsten Ansatz, um diesen digitalen Wertaustausch sicher und global zu organisieren.
Dabei gehen Kryptowährungen in ihrem Disruptionspotenzial auch weit über die heute genutzten Fintech-Lösungen hinaus. Zahlungsanbieter wie Transferwise oder Trading Apps wie Robinhood bieten zwar ebenfalls kostengünstige und im Vergleich zum Legacy-Bankensystem schnellere Lösungen an. All diese Lösungen sind aber nach wie vor zentralisiert, das heißt, es braucht ein Unternehmen, um den Wertaustausch zu organisieren. Dezentrale Blockchain-Anwendungen stellen somit nicht nur eine Weiterentwicklung existierender Systeme dar, sondern einen Paradigmenwechsel hin zur Dezentralisierung. Wer hätte vor 50 Jahren gedacht, dass der Geldverkehr heute überwiegend elektronisch stattfindet? Kryptowährungen könnten in den nächsten Jahren nicht nur das Geld als Tauschmittel weiterentwickeln, sondern auch Zahlungsdienstleister komplett durch automatisierte Protokolle ersetzen.
Kryptowährungen als Investment: eine neue Anlageklasse
Im Gegensatz zu den frühen Tagen des Internets hast du als Privatanlager heute schon eine Chance an diesem technologischen Fortschritt zu partizipieren. Du brauchst dafür keinen Zugang zu exklusiven Private Equity Deals, denn Kryptowährungen sind auf öffentlichen Börsen handelbar. Sie haben sich in den letzten Jahren zu einer eigenen Anlageklasse entwickelt.
Wenn in den Medien von “Kryptowährungen” die Rede ist, dann sind damit oft alle Blockchain-basierten Assets gemeint. Wenn man jedoch von der “Anlageklasse” der Kryptowährungen spricht, muss man unterscheiden: Eine Anlageklasse ist per Definition eine Gruppe gleichartiger Anlagen, deren Wertentwicklung, Performance und Risiko ähnliche Merkmale aufweisen. Deshalb verhalten sich die Assets einer Anlageklasse oft ähnlich, wenn sich finanzwirtschaftliche Rahmenbedingungen verändern. So ist zum Beispiel ein Stablecoin, dessen Wert an Gold gebunden ist, keine neue Anlageklasse.
Wenn wir im CryptoStudio also von der “Anlageklasse der Kryptowährungen” sprechen, dann meinen wir damit dezentrale Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum, deren Renditen nicht oder nur geringfügig mit anderen Anlageklassen wie Aktien, Anleihen oder Immobilien korreliert sind und die die oben erklärte neue Form des digitalen Werttausches ermöglichen. Wir meinen damit explizit nicht Security Token oder Stablecoins, die anderen Anlageklassen zugeordnet werden müssen.
Der Status Quo: Kryptowährungen heute
Auch wenn es die ersten Entwürfe für Blockchain Technologien schon in den 70er-Jahren gab, hatte die Blockchain ihren Durchbruch erst mit Bitcoin. Unter dem Pseudonym “Satoshi Nakamoto” (bis heute ist unklar, welche Person oder welche Gruppe an Personen sich dahinter verbirgt) wurde 2008 das Bitcoin Whitepaper veröffentlicht. Damit wurde die erste Kryptowährung geschaffen und viele weitere folgten.
A single email changed the course of history. pic.twitter.com/avzcLlD7l5
— Documenting Bitcoin (@DocumentingBTC) March 11, 2021
Die Veröffentlichung des Bitcoin-Whitepapers
Für Anfänger und Einsteiger in die Anlageklasse ist zunächst wichtig zu verstehen, dass Kryptowährung nicht gleich Kryptowährung ist: Ethereum, die zweitgrößte Kryptowährung, bringt programmatische Verträge auf die Blockchain (auch Smart Contracts genannt). Sie hat also ein komplett anderes Anwendungsspektrum als der Bitcoin. Außerdem gibt es Stablecoins, deren Wert an ein zugrundeliegendes Asset gebunden ist. Es ist wichtig, dass du das Anleger die verschiedenen Arten von Kryptowährungen und anderen digitalen Assets verstehst und dass du dich im Detail mit der Funktionsweise und dem Geschäftsmodell, der sogenannten “Tokenomics” der jeweiligen Kryptowährung beschäftigst.
Mike Novogratz
Auf Coinmarketcap, eine Preis-Informationsseite für Kryptowährungen, sind derzeit (Stand April 2021) 8.962 digitale Assets gelistet. Bitcoin ist mit einer Marktkapitalisierung von knapp einer Billion US-Dollar mit Abstand die größte. Alle anderen Kryptowährungen abseits von Bitcoin nennt man “Altcoins”. Der größte Altcoin gemäß Marktkapitalisierung ist Ethereum mit knapp 190 Milliarden US-Dollar. Insgesamt hat der Krypto-Markt heute eine Marktkapitalisierung von ca. 1,6 Billionen US-Dollar, das entspricht ca. Kanadas Bruttoinlandsprodukt.
Bitcoin ist mit Abstand die führende Kryptowährung und hat eine höhere Marktkapitalisierung als Facebook und kommt nahe an das Edelmetall Silber heran (Stand April 2021).
#Bitcoin is getting harder and harder to ignore.
— ecoinometrics (@ecoinometrics) March 2, 2021
When it comes to market cap:
BTC is larger than Visa, Facebook and Tesla.
BTC is 61% of Google.
BTC is 41% of Apple.
BTC is 8% of physical gold.
Facts pic.twitter.com/3T98KJw6Tt
Bitcoins Martkkatpitalisierung übersteigt Visa, Facebook und Tesla [Stand April 2021]